Ein Bild aus glücklicheren Tagen: Spitzenkoch Jens Jakob (r.) und Hotelier Gerd Leidinger. Foto: Konrad
Warum der Saarbrücker Spitzenkoch Jens Jakob sein Restaurant schließen muss
Von Oliver Schwambach, Saarbrücker Zeitung 29. Juli 2016
Die Saar-Spitzengastronomie wird ärmer: Sterne-Koch Jens Jakob sperrt zum 31. Juli sein Saarbrücker Restaurant im Hotel Leidinger zu. Aus wirtschaftlichen wie privaten Gründen. Dabei galt der heute 43-Jährige lange als der Überflieger der Gastroszene hier. In nur wenigen Jahren erkochte er sich zwei Michelin-Sterne.
Saarbrücken. „Heute kann ich selbst kaum glauben, dass ich mal in einem Zwei-Sterne-Restaurant gekocht habe“: Beinahe atemlos sagt das Jens Jakob. Dass er jetzt „Jens Jakob/Das Restaurant“ im Saarbrücker Hotel Leidinger zusperren muss, bringt ihm nun zwangsweise Zeit zum Durchatmen. Offiziell ist das Monatsende der letzte Tag für Jakob und seine 22 Beschäftigten. Aber schon diesen Samstag wird letztmals im Restaurant in der Mainzer Straße aufgetischt. „Wirtschaftliche Gründe“ hätten ihn nun zum Aufgeben gezwungen, erklärt Jakob. Er hat private Insolvenz angemeldet. „Die Jens Jakob Gourmet World betrieben durch die Le Noir UG wird am 31. Juli schließen“, heißt das im Juristen-Deutsch. Zu Jakobs „Gourmet World“ zählte auch eine Kochschule. Zudem hat er das zweite Restaurant im Leidinger, das „s’Olivo“, und die „L-Bar“ mitbetrieben.
Dass es in seinem Gourmetrestaurant kriselt, ist nicht neu. Bereits im April war die Firma „Le Noir“ insolvent. Jakob aber probierte den Neustart. „Doch es ist nicht gelungen, das Geschäft zu konsolidieren“, sagt der 43-Jährige. Er habe alles versucht. Beim TV-Sender „Vox“ in der Kochshow „Game of Chefs“ mitgewirbelt, für „Sky“ ein „Riesen-Casting“ gemacht, „alles in der Hoffnung, den Namen bekannter zu machen und so den Gourmetbereich wieder anzuheizen“. Aber selbst diese Kraftakte halfen nicht.
Erstaunlich eigentlich. Denn wer versuchte, samstagabends etwa bei Jakob einen Tisch zu ergattern, wurde meist vertröstet. „Unter der Woche waren aber oft nur wenige Zweier-Tische besetzt“, erklärt der Gastronom. Zu wenig Umsatz für das personalintensive und auf teuerste Zutaten angewiesene Geschäft Top-Gastronomie.
An der Qualität lag’s definitiv nicht. Obwohl Jakob zuletzt sogar seine beiden Michelin-Sterne, die er für das Restaurant „Le Noir“ erkocht hatte, zurückgab und mit kostengünstigerer Küche weitermachen wollte, dekorierte ihn der Gastroführer Guide Michelin wieder mit einem Stern. „Ich konnte einfach nicht schlechter kochen“, entschuldigt sich Jakob fast. Kenner der hiesigen Gastroszene halten ihm allerdings vor, er habe sich nicht konsequent aufs Schlichtere eingelassen; Schmalhans als Küchenmeister, das passt einem Spitzenkoch wohl nicht.
Das jedoch ist nur einer von etlichen Gründen. Jakob ist überzeugt: „Die gesamte Sterne-Küche in Deutschland kämpft ums Überleben.“ Hauptursache dafür sei der drastische Rückgang der Geschäftsessen. Die meisten Unternehmen untersagen ihren Mitarbeitern mittlerweile kostspieliges Tafeln. Gleich, ob man einlädt oder eingeladen wird. Allein mit privaten Gästen könne aber kaum ein Sterne-Betrieb funktionieren, meint Jakob. Und in der Tat kriselt es bei etlichen deutschen Spitzen-Köchen; Meldungen über Top-Chefs, die plötzlich – wenn auch veredelte – Burger servieren, mehren sich.
Doch auch der private Gast sei des einst so geschätzten Luxuszeremoniells in der Spitzengastronomie überdrüssig, hat Jakob beobachtet. Lecker, locker und nicht zu teuer soll es nun sein. Bloß viele seiner Kollegen, wie auch er selbst, hätten darauf noch nicht die Antwort parat. Er jedenfalls sah jetzt keine Chance mehr, das Ruder rumzureißen. Er zieht sich jetzt zurück, will sich mehr um seinen kleinen Sohn kümmern. Auch private Gründe führten also zu dem harten Schnitt. „Aber ich kehre irgendwann in die Gastronomie zurück. Ideen gibt es genug“, verspricht er. Und sein langjähriger Küchenchef und Freund Peter Wirbel werde nun die Meisterschule besuchen.
Dass Jakob mal eine Pause braucht, verwundert kaum. Sein Aufstieg war fast zu rasant. 2007 eröffnete er – auch in der Mainzer Straße – das „Le Noir“. Sozusagen in Rufweite seines Lehrmeisters, des Drei-Sterne-Chefs Klaus Erfort. Jakob erkochte für das „Le Noir“ erst einen, 2013 den zweiten Michelin-Stern. Die er 2014 erstmal wieder verlor, weil er mit seinem Restaurant ins wenige Meter entfernte Hotel Leidinger umzog. Nur wenige Monate später hatte Jakob seine Sterne wieder.
Für das Hotel Leidinger befürchtet Inhaber Gerd Leidinger nun keine Probleme. Im „s’Olivo“ gehe es ja nahtlos weiter. Markus Wend, seit zwei Jahren dort Küchenchef, führe das Restaurant fort. Und die Räume, die nun durch Jakobs Gourmetbereich frei werden, nutze man, um das Frühstücks- und Mittagsangebot auszuweiten.
Für das Saarland allerdings ist Jakobs Aufgabe schon ein herber Verlust. Wirkte bei den oft sehr angestrengten Image-Klimmzügen des Landes die Luxus-Gastronomie doch wie eine Dopingkur. Nun hängen im Gourmet-Himmel des Saarlands ohne Jakob immer noch etliche Sterne; vor allem dank der beiden Drei-Sterne-Häuser von Klaus Erfort in Saarbrücken und Christian Bau in Perl. Jene Sterne aber über Jakobs hoch kreativer Küche funkelten doch ganz besonders hell.