Quelle: Saarbrücker City Journal Nr. 58 vom 8. Dezember 2016
Ein Blick in die Mainzer Straße. Foto: Benny Dutka
Saarbrücken für Fortgeschrittene Von Martin Rolshausen
Saarbrücker Zeitung, 02. Dezember 2016
Das Leben hat Humor. Der Mann, der an der Spitze derer steht, die für Leben im Quartier Mainzer Straße sorgen, ist Bestatter. Er leitet das Beerdingungsinstitut Pietät von Rüden, heißt Stefan Kohl und ist Vorsitzender des Vereins, den Geschäftsleute und Anwohner des Stadtquartiers Bleich- und Helwigstraße gegründet haben, um zu zeigen, dass es in unserer Stadt jenseits des St. Johanner Markts und des Nauwieser Viertels Leben gibt.
Und was für ein Leben! In keinem Viertel gibt es so viele Kulturveranstaltungen, sagt der Hotelier Gerd Leidinger. Er ist einer derer, die vor über einem Jahrzehnt die Initiative gegründet haben, aus der der Verein entstanden ist. Eine Initiative, die auch durch ihr Nachbarschaftsfest (das im kommenden Jahr wahrscheinlich durch ein kleines Weinfest ergänzt wird) und ihre Hoffeste bekannt geworden ist. Ein Verein, der nicht nur nach außen wirken will, sondern auch innerhalb des Quartiers „integriert“. „Wenn man sich zusammentut, dann passiert auch was“, ist Leidingers Erfahrung.
Dass im Quartier einiges bewegt worden ist, liege auch daran, dass es hier keine Filialisten gibt. Alle Läden seien von den Inhabern geführt, also von Menschen, denen es nicht egal ist, was um ihre Geschäfte herum passiert. Selbst das Edeka in der Mainzer Straße ist ein Familienbetrieb – und der Ort, an dem man sich trifft im Quartier. Dass durch eine „Panne in der Stadtplanung“ dort kein Wohnhaus, sondern ein Supermarkt entstanden ist, sei „ein Glücksfall“, schwärmt Leidinger.
Es ist die Vielfalt, die dieses Viertel ausmacht. Das dokumentiert der Verein seit dieser Woche mit einer Broschüre. Rund 40 Unternehmen stellen sich darin vor. 10 000 Exemplare wurden gedruckt. Gestaltet hat die Broschüre ein Unternehmen aus dem Quartier: die Agentur für regionales Marketing Quattropolis. Deren Chefin, Sarah Hofmann, will zweimal im Jahr eine neue Broschüre machen. Und hofft, dass immer mehr Unternehmen aus dem Quartier mitmachen.
Darüber würde sich auch Alexander Hauck vom Citymarketing freuen. Der ist nämlich ganz entzückt ob der Initiative aus dem Quartier. So eine Broschüre ist praktisch für Touristen, findet er. Und diese ganz besonders, weil sie die Menschen zeigt, die im Quartier Mainzer Straße etwas bewegen. „Ein Viertel braucht Persönlichkeiten“ , findet Hauck. Solche wie die Menschen aus dem Vereinsvorstand, Gerd Leidinger, Andrea Dumont vom Hotel Kaiserhof, die auch die Fruchteria betreibt – und eben den Bestatter Stefan Kohl.
Infos: E-Mail info@mainzerstrasse.saarland www.mainzerstraße.saarland
Der Verein Quartier Mainzer Straße e.V. hat seine erste Quartiersbroschüre fertig gestellt. Das ist eine der vielen Aktivitäten die der Verein seit seiner Gründung vor gut einem Jahr auf die Wege gebracht hat. Der Vereinsvorstand wird die Broschüre präsentieren, über deren Verteilung berichten und zuzüglich über weitere Aktivitäten informieren. Es tut sich also einiges im Quartier Mainzer Straße. Sind Sie an dem Termin dabei? Wir freuen uns über Ihre Rückmeldung über Ihre Teilnahme bis zum 28.11.2016 unter info@mainzerstrasse.saarland
Saarbrücker Zeitung vom 19 Nov 2016, Von SZ-Mitarbeiterin Silvia Buss
Das in Existenznot geratene Saarbrücker Filmhaus ist an seinem Standort in der Mainzer Straße gerettet. Zu einer Zusammenlegung mit dem Kino Achteinhalb oder der Camera zwo wird es nicht kommen. Aber wie es weitergeht, bleibt unklar.
Saarbrücken. Einige Wochen – die solle man ihm noch geben, um das durch Besucherschwund und steigende Kosten existenziell bedrohte Filmhaus zu retten. Darum bittet Saarbrückens Kulturdezernent Thomas Brück (Grüne). Doch einige Eckpfeiler des Konzepts, über das seit Monaten mit Ämtern, Fraktionen und Kino-Betreibern an runden Tischen und in Einzelgesprächen beratschlagt wird, stehen nun fest. So sei man entschlossen, den Standort Mainzerstraße als Filmhaus zu erhalten, teilte Brück auf SZ-Nachfrage am Freitag mit. Damit sind Brücks Pläne, die kommunale Filmarbeit in irgendeiner Form mit dem Kino Achteinhalb oder der Camera Zwo zusammenzulegen, definitiv vom Tisch.
Während das Kino Achteinhalb eine weitergehende Zusammenarbeit immer abgelehnt hat, hätte sie Michael Krane, der Betreiber der Camera Zwo, durchaus begrüßt. Für ein Arthouse-Kino sei die Camera Zwo mit ihren sechs Sälen eigentlich viel zu groß, sagte er der SZ. Für ihn wäre es daher völlig unproblematisch, drei Säle als kommunale Filmschiene abzugeben, erklärt Krane, und sieht noch einen weiteren Vorteil: Es hätte dem von Michael Jurich kuratierten Filmprogramm womöglich Stammpublikum der Camera Zwo zugeführt. Allerdings: Barrierefreiheit wäre in seinem Kino nicht realisierbar. Diese Zugänglichkeit auch für Behinderte hatte Brück aber für jegliche Standortentscheidung als entscheidend zugesichert. Der barrierefreie Umbau im Filmhaus soll nun bald kommen. Man warte nur noch auf die Zustimmung der Denkmalpflege zum Bau eines Außenaufzugs, sagte Brück am Freitag. Auch die neuen Eigentümer der Immobilie, Michael Hahn und Michael Zimmer, haben öffentlich dazu ihre Bereitschaft erklärt.
Wie aber steht es mit inhaltlichen Neuerungen im Filmhaus? Eine Bürgerinitiave um Jörg Mathieu, den Verleger des Retro-Filmmagazins „35 Millimeter“, hatte der Stadt vorgeschlagen, ihr die Leitung des Filmhauses zu übertragen, um „frischen Wind“und „mehr Seele“hineinzubringen. Und wie? Man wolle den Bistro-Vorraum ansprechender gestalten, mit Popcorn-Automat und Bildschirmen aufrüsten, das ganze Design aufpolieren, von Monatsheft bis zu den Schaukästen, die Kino-Galerie in eine Steh-Bühne verwandeln, nach außen öffnen und stärker mit den Gastronomie-Nachbarn zusammenarbeiten, um den Hof zu beleben. So beschreibt Mathieu der SZ das Vorhaben, das die Initiative Anfang Dezember in einem Filmhaus-Testmagazin vorstellen will. Dafür solle die Stadt zwei Mitglieder der Initiative als Leitung anstellen; da sie ja das Filmamt mit seinen 3,5 Stellen auflösen wolle, spare man sogar Personalkosten, sagt Mathieu. Befragt zur Ausrichtung des Filmprogramms, spricht er aber lediglich von „weniger Filmen mit Untertiteln und mehr Klassiker-Retrospektiven“, um mehr Besucher zu gewinnen. Das klingt nicht nach einem großen Wurf.
„Das Konzept ist viel zu unausgegoren“, findet auch Brück, und neues Personal anstellen könne die Stadt keinesfalls. Zudem müsse „das Filmamt kein eigenes Amt sein, sondern könnte auch eine Abteilung des Kulturamts werden.“Brück betont: „Das Personal wird nicht entlassen.“Was will er dann überhaupt ändern?
Das K8-Institut der Hochschule für Bildende Künste Saar (HBK), das mit am runden Tisch sitzt, hat eine ganz andere Zukunftsvision ins Spiel gebracht. Da die Stadt mit Arthouseund Programmkinos ausreichend versorgt sei, solle man losgelöst von einer Immobilie lieber in eine Art Medienlabor investieren, das den schöpferischen Umgang mit neuen Technologien wie Virtual Reality, vermittle, meint K8-Leiter Soenke Zehle. Denn diese Technologien, die man beim Festival Max Ophüls Preis jetzt einbeziehe, würden bald die gesamte Kinowelt umkrempeln.
Als Kooperationsprojekt mit der HBK kann sich Brück so etwas durchaus vorstellen, doch nicht als Ersatz für das Filmhaus. Das solle ein Ort sein, der Menschen zusammenbringe und sich der „Sicherung des Kulturguts Film“widme, sagt er. Was sich dann überhaupt ändern soll – dieses Geheimnis will Brück in ein paar Wochen endlich lüften.
Festredner war Prof. Dr. Klaus Töpfer. Foto: Langenstein
1796 gegründet: Die Saarbrücker Gesellschaft ist die drittälteste ihrer Art in Deutschland
DIE WOCH vom 05. Oktober 2016
SAARBRÜCKEN Die Saarbrücker Casino-Gesellschaft hat am Sonntag vergangener Woche ihr 220-jähriges Bestehen gefeiert. Was mit einer kleinen Gruppe aus 19 Bürgern im Jahr 1796 begann, ist mittlerweile der älteste heute noch bestehende Zusammenschluss von Saarbrückern. Darüber hinaus gilt die Saarbrücker Casino-Gesellschaft als die drittälteste ihrer Art deutschlandweit, wie der Vorsitzende Lothar Arnold in seiner Begrüßungsrede hervorhob.
„Die Gesellschaft wurde zur Zeit Beethovens gegründet, Mozart war erst seit fünf Jahren tot“, sagte Arnold, um die enorme Zeitspanne und gesellschaftlichen Veränderungen seit der Gründung zu veranschaulichen. Ein Dank des Vorsitzenden ging unter anderem auch an den Stadtarchivar Dr. Hans-Christian Herrmann, der für die Festschrift zum Jubiläum so manche bereits vergessen geglaubte Information ausfindig gemacht hatte.
Und: „Welche Gesellschaft verfügt über ein solch schönes Haus“, sagte der Vorsitzende mit Stolz, auch wenn dieses viel Aufwand bedeute: „Manchmal hört man das Knistern in den Balken“, doch nach wie vor diene es als Begegnungsstätte für Jung und Alt und zum Austausch für Gedanken. Zumal der Vorsitzende einräumte, dass man mit dem Haus zuvor wohl weitaus mehr Kosten zu stemmen gehabt hätte. Denn die Casino-Gesellschaft baute sich bereits 1866 eine repräsentative Heimstätte – den heutigen Landtag des Saarlandes.
Oberbürgermeisterin Charlotte Britz erinnerte daran, dass nicht nur ein Jubiläum zu feiern sei. Denn Arnold, der unter anderem auch im Seniorenbeirat der Stadt aktiv ist, hat den Vorsitz seit nunmehr 20 Jahren inne. Seit dieser Zeit habe er rund 320 Veranstaltungen mitorganisiert. Daneben hob Britz den Förderpreis der Gesellschaft hervor. der 1996 anlässlich des 200-jährigen Jubiläums ins Leben gerufen worden war. Der Preis wurde bisher fünfzehn Mal im Sektor Musik, vier Mal im Bereich der bildenden Künste und einmal im Fach Architektur vergeben. Ziel ist die Förderung des kulturellen Nachwuchses im Saarland.
Höhepunkt der Feier am vergangenen Sonntag war die Festrede des ehemaligen Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Prof. Dr. Klaus Töpfer. „Je älter etwas wird, desto öfter wird gefeiert, wie man an Ehejubiläen sieht“, stieg er mit einem Lacher ein, um dann auf die Parallelen zwischen damals und heute zu verweisen.
Damals ging es um den Aufbruch zur Aufklärung und auch heute stehe man vor einem Umbruch der Gesellschaft, so Töpfer. Es sei schwierig, Alternativen und Lösungen zu den Herausforderungen der jetzigen „Anti-Aufklärungszeit“ zu finden: „Am Anfang stehen dabei die geistige und andere Herausforderungen“, mahnte Töpfer . Und: „Die Vielfalt ist dabei Voraussetzung für Stabilität“. Ähnlich sah es Landtagspräsident Klaus Meiser, der dabei auch auf die Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern verwies: „Es sind nicht nur rechte Dumpfbacken, die AfD wählen, sondern ein Querschnitt durch die Gesellschaft.“ Letztlich hätten alle Parteien Prozente an sie verloren. Es gelte nun, die Sorgen und Themen des Protests in den Mittelpunkt zu rücken. dl
Quelle: http://www.wochenspiegelonline.de/saarvital/article/220-jahre-casino-gesellschaft/
Das Paul Marien Hospiz beging sein 20-jähriges Bestehen mit einem Festakt
Sterbende Menschen begleiten, ihnen dabei helfen, ihr Leben zu vollenden, das ist das Ziel der Arbeit im Paul Marien Hospiz seit 20 Jahren. Zum Jubiläum gab es einen Festakt in der Johanneskirche.
Von SZ-Redakteur Peter Wagner, SZ vom 04. Oktober 2016
Saarbrücken. Im Paul Marien Hospiz am Evangelischen Stadtkrankenhaus in Saarbrücken werden Schwerstkranke betreut, die den Tod vor Augen haben. „Manchmal sterben sie bereits am ersten Tag, in Einzelfällen leben sie über Wochen im Hospiz“, heißt es in einer Mitteilung, die die Einrichtung zu ihrem 20-jährigen Bestehen herausgab. Jeden einzelnen, so Leiterin Ute Seibert bei einer Diskussion anlässlich des Jubiläums, wolle man „so sein lassen, wie er ist. Ihn so nehmen, wie er ist“. Moderatorin Doris Döpke, leitende Redakteurin dieser Zeitung, hatte wissen wollen, was „den Kern der Hospizarbeit“ ausmache.
Gilla Scheer, ehrenamtliche Mitarbeiterin, sprach davon, den Menschen „Würde und Selbstständigkeit zu lassen, bis zuletzt“. Die Ehrenamtler, die oft mehr Zeit hätten als das angestellte Personal, machten sich vor allem verdient, indem sie Zeit gäben, sei es für Gespräche oder fürs Vorlesen von Psalmen. Und wenn ein Kranker den Wunsch habe, noch einmal ein Eis am St. Johanner Markt zu essen, dann bringe man ihn selbstverständlich hin. Das war ganz im Sinn des Heidelberger Psychologen und Gerontologen Prof. Dr. Andreas Kruse, der sich für die Teilhabe des Sterbenden am Leben stark machte; er solle das Gefühl haben, anderen immer noch etwas geben zu können.
Der Arzt Dr. Dietrich Wördehoff aus Völklingen bereicherte die Diskussion durch seine Definition von Heilung in der Palliativmedizin: Diese Medizin sei nicht dazu da, auch nicht dazu geeignet, den Menschen gesund zu machen, sondern heil zu machen, das heißt sein Leben vollenden zu können, mit sich einig zu werden.
Das Haus unter der Leitung der Stiftung Kreuznacher Diakonie beging den Geburtstag in der Johanneskirche mit einem mehrstündigen Programm, angefangen mit einem Gottesdienst, an dem auch Oberbürgermeisterin Charlotte Britz teilnahmen, über Musik des Holzbläserquintetts Friedrichsthal bis hin zu einem Stehempfang. Auch der Förderverein Paul-Marien-Hospiz wurde 20 Jahre alt.
Quelle: http://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/saarbruecken/saarbruecken/saarbruecken/Saarbruecken;art446398,6267023
Mit diesem Plakat warb das Filmhaus früher mal. Foto: Filmhaus
Von SZ- Martin Rolshausen, Saarbrücker Zeitung vom 24. September 2016
Ein Besuchermagnet ist das Saarbrücker Filmhaus nicht. Zuletzt kamen nicht einmal mehr 18 000 Besucher im Jahr, im Schnitt also weniger als 50 pro Tag. Weil das Ganze die Stadt zwischen 350 000 und rund 400 000 Euro pro Jahr kostet und auch noch in einen Aufzug, der das historische Gebäude behindertengerecht macht, investiert werden müsste, ist das Kino in die Diskussion geraten. Die Landeshauptstadt wird es nicht schaffen, das Filmhaus dauerhaft zu halten, befürchtet eine neu gegründete Initiative von Filmfreunden.
Saarbrücken. Jörg Mathieu weiß, dass er sich nicht nur Freunde macht und dass er Menschen, die er mag, womöglich vor den Kopf stößt. Er weiß, dass der Weg, den er gerade eingeschlagen hat, viel Kraft kosten wird. Und er weiß, dass am Ende alles umsonst gewesen sein kann. Jörg Mathieu ist Verlagsleiter, Eventmanager und Film-Journalist – und er will das Saarbrücker Filmhaus retten. Dazu hat er mit der Rechtsanwältin Annette Gieseking eine Initiative gegründet.
Das Filmhaus hat zu wenige Besucher (die Zahlen schwanken zwischen 17 000 und 18 000) pro Jahr, und der Zuschussbedarf aus der Stadtkasse ist beträchtlich (die Zahlen schwanken zwischen 350 000 und 400 000 Euro pro Jahr). In dieser Analyse sind sich Mathieu und Gieseking mit den Verantwortlichen in Stadtrat und Stadtverwaltung einig. In der Schlussfolgerung nicht.
Während Kulturdezernent Thomas Brück (Grüne) unter anderem darüber nachdenkt, bisherige Filmhausprogramme ins private Camera-zwo-Kino zu verlegen oder Teile des Filmhauses künftig als Kulturzentrum zu nutzen, will die neue Initiative der Stadt das Filmhaus entreißen. Dass das Filmhaus am Rande des Abgrunds steht, liege nämlich am „Versagen aller Beteiligter der Verwaltung des Filmhauses“. Dass Filmhausleiter Michael Jurich oder das von Brück geführte Kulturdezernat das Kino wieder auf die Erfolgsspur bringen, sei nach allem, was man bisher erlebt habe, sehr unwahrscheinlich, sagt Mathieu.
Er ist unter anderem Herausgeber und Chefredakteur eines Retrofilm-Magazins und organisierte gerade im Filmhaus die zweiten Saarbrücker Cinefonietage. Mit der Initiative will er einen Stein ins Rollen bringen. Die Initiatoren suchen im ersten Schritt Unterstützer aus Politik und Gesellschaft – und Geldgeber. In etwa einem halben Jahr könne dann eine Firma gegründet werden, die das Filmhaus übernimmt.
Folgende Ideen liegen bereits auf dem Tisch: Mit dem benachbarten Hotel ist Mathieu wegen der Untervermietung einiger Räume im Gespräch. Auch eine Anwaltskanzlei im Gebäudekomplex sei eine Option. So könne die Mietbelastung verringert werden. Der große Kinosaal soll weiter als solcher genutzt werden. Der kleinere im Erdgeschoss soll eine Talentbühne für Nachwuchskünstler werden. Dort soll aber unter anderem auch Raum für Kinderprogramm und Theater sein. Außerdem soll es ein Café geben, dass von einem Profigastronom betrieben wird. Der Hof, „einer der schönsten in Saarbrücken“, wie Mathieu findet, soll ebenfalls öfter in Szene gesetzt werden.
Das von Jurich geleitetet Amt für kommunale Filmarbeit müsste ausziehen. Ohne die Amtsstruktur, sagt Mathieu sei man wesentlich beweglicher. Hinter der Initiative stehe ein Netzwerk von Künstlern aus nahezu allen Bereichen, sagt er. Es gebe also viel Potenzial.
Kulturdezernent Thomas Brück möchte bald mit der Initiative ins Gespräch kommen. „Ich finde es gut, dass sich Saarbrücker Bürger für den Erhalt des Filmhaus einsetzen“, sagt er. Denn: „Eine Stadt profitiert immer vom Engagement ihrer Bürger.“ Er sei „auf die Vorschläge gespannt“, werde aber „parallel an unserem eigenen Konzept weiterarbeiten“.
Von SZ-Mitarbeiterin Nicole Baronsky-Ottmann, Saarbrücker Zeitung vom 17 Sep 2016
Mitten in der Stadt und damit mitten unter uns finden obdachlose Frauen in Saarbrücken seit 25 Jahren einen Ort, an dem sie sich sicher fühlen und Hilfe für ihre Probleme und Kranheiten bekommen.
Saarbrücken. Schon im Eingangsbereich wurde man auf die Thematik hingewiesen. Große Gemälde, stark vereinfacht in Form und Farbe und mit kräftigen, schwarzen Konturen, zeigen Frauen mit unterschiedlichen Emotionen. Eine ist ganz in sich zusammengesunken, kauert auf dem Boden. Eine andere hat die Hände zu Fäusten geballt, den Blick aber zum Boden gerichtet. Und eine weitere schlägt die Hände vor ihr Gesicht. Erst die letzten beiden Gemälde zeigen Frauen mit einem Lächeln und einen gelösten Ausdruck. Die Bilder stammen von Walli Gutmann aus Offenbach. Und sie symbolisieren das, wofür das Haus in der Saarbrücker Rosenstraße steht: Frauen, die in Not geraten oder psychisch erkrankt sind, erhalten während sie in einem der denkmalgeschützten Häuser der Jahrhundertwende wohnen können, Hilfe und Unterstützung.
Die Ausstellung war nur ein Teil der Veranstaltung, die am Freitagvormittag begangen wurde. „Mittendrin – 25 Jahre Rosenstraße – Ambulante Hilfen“war das Thema des Jubiläums des Sozialdienstes katholischer Frauen, der Träger des Hauses in der Rosenstraße ist, sowie des Elisabeth-ZillkenHauses. Die Mitarbeiterinnen um Barbara Klein, Leiterin der Einrichtung Andrea Wolter, Geschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen, hatten sich viel Mühe gegeben, um die Gäste und Kollegen aus den verschiedenen Saarbrücker Behörden und Institutionen zu empfangen.
Bei Live-Musik nahm man im blumengeschmückten Innenhof Platz. Gaby Schäfer, Vorsitzende des Sozialdienstes katholischer Frauen und ehemalige Staatssekretärin, betonte dann auch in ihrer Begrüßung die gute Zusammenarbeit mit allen Behörden. Und sie hob hervor, dass dieses Haus, das bereits seit 25 Jahren existiert, ihrem Verein sehr am Herzen liegt. „Dieses Projekt war vor 25 Jahren ehrenamtlich geführt. Damals gab es noch keine Angebote für Frauen am Rande der Gesellschaft“, erklärte sie. Die Anzahl der Frauen, die hier betreut werden, sei in den letzten Jahren zurückgegangen, denn mittlerweile gebe es auch andere Angebote für obdachlose Frauen. Heute können dort elf Frauen in vier Wohnungen leben. „Nach einer Zeit der intensiven Betreuung finden die Frauen hier in der Rosenstraße eine ambulante Betreuung und Hilfe. Ein Ansprechpartner ist zu festen Dienstzeiten im Haus“, erklärte Gaby Schäfer die Vorteile des Hauses. Nadine Schön, Mitglied des Deutschen Bundestages, nannte Zahlen. „2408 Frauen wurden im Saarland im Jahr 2014 als Opfer häuslicher Gewalt erfasst“. Auch sie machte damit nochmal deutlich, wie wichtig diese Hilfe für Frauen ist.
Von SZ-Mitarbeiterin Silvia Buss, Saarbrücker Zeitung vom 17 Sep 2016
Unerwartet friedlich verlief am Donnerstag die Kulturausschuss-Sitzung zur Situation des städtischen Filmhauses. Aber entschieden ist noch lange nichts.
Saarbrücken. Entgegen seinen Befürchtungen wurde es für Kulturdezernent Thomas Brück im Kulturausschuss am Donnerstag dann doch nicht „stressig“. Große Angriffe gegen seine Erklärungen zur Krisen-Situation des Filmhauses (wir berichteten mehrfach), selbst von den Fraktionen der Opposition, blieben aus. Ohne Probleme einigte man sich auch gleich eingangs der Sitzung, Brücks Darlegungen zur Lage, so wie es die FDP beantragt hatte, im öffentlichen Teil zu besprechen.
Dass Brück die Zahlen zu den gestiegenen Kosten und sinkenden Einnahmen des kommunalen Kinos allerdings nur mündlich vortrug, wurde moniert. Die Einnahmen durch Eintrittsgelder etwa haben sich laut Brück von 122 000 Euro im Jahr 2012 auf 83 500 Euro im Jahr 2015 verringert. Der öffentliche Zuschussbedarf ist nach Angaben von Filmamtsleiter Michael Jurich von 404 000 Euro im Jahr 2005 auf 417 000 Euro im Jahr 2015 gestiegen. Kritisch sei es vor allem nach 2015 geworden, wofür Jurich steigende Personalkosten verantwortlich machte. Die Stadt hatte da zwei langjährige Mitarbeiter, die über einen Dienstleister prekär beschäftigt waren, übernommen und tariflich entlohnt.
Sowohl Brück als auch Jurich machten deutlich, dass sie aber die durch die Eröffnung der Camera Zwo gewachsene Konkurrenz für das Kernproblem des Filmhauses halten. Von drei Szenarien, über die die verwaltungsinterne Arbeitsgruppe zur Zukunft des Filmhauses nachdenkt, findet die dritte, die Nutzung des Filmhaus-Gebäudes neben Kino auch als Kulturzentrum durchaus Zustimmung bei den Fraktionen. Das Filmhaus habe auch eine hohe Bedeutung als Kulturort der Stadt, deshalb sollte man es nicht einfach aufgeben, so etwa Lothar Schnitzler(Linke).
Elke Mazurek (CDU) fand es bedauerlich, dass die Verwaltung das Problem so lange ignoriert habe und erst jetzt ein Umdenken einsetze. Egal welche Lösung man anstrebe, die Herstellung von Barrierefreiheit müsse dabei berücksichtig werden, betonte sie. Tobias Raab (FDP) forderte dass die Fraktionen bei den weiteren Diskussionen früher aktiv einbezogen werden und nicht am Ende einer fertigen Lösung zustimmen sollen.
Brück versprach viel: Er versicherte, es gehe nicht um eine Schließung des Filmhauses, die Barrierefreiheit bleibe ein entscheidendes Kriterium. Weitere Überlegungen wolle er mit den kulturpolitischen Sprechern besprechen und dann am Ende im Ausschuss eine beschlussfähige Vorlage einbringen.
Von SZ-Redakteurin Susanne Brenner
Saarbrücker Zeitung vom 17 Sep 2016
Man muss es wohl so deutlich sagen: Wäre das Filmhaus ein Privat-Unternehmen, personell würde hier sehr vieles anders laufen. Zum Beispiel würde niemand in einem privaten Kino einen künstlerischen Leiter bezahlen, der zwar ein anerkanntermaßen hochkarätiges Programm macht, sich aber beharrlich weigert, das auch nach außen zu vermarkten. Im Filmhaus laufen tolle Reihen, oft einzigartiges Kino aus den entlegensten Regionen der Erde. Ein spannendes Angebot für Filmfans, ohne Frage. Nur bekommen die das oft gar nicht mit, wenn sie sich nicht aktiv darum bemühen. Was für ein Unterschied etwa zum chronisch unterfinanzierten Kino Achteinhalb, wo ein bis an die eigene Schmerzgrenze engagiertes Team ein hochkarätiges Programm bastelt und notfalls jedem Journalisten die Bude einrennt, damit der darüber berichtet. Aus dem Filmhaus kommen meist nicht mal Pressemitteilungen. Ich wage mal die These: Der Publikumszuspruch im Filmhaus könnte zwar in Zeiten von Camera-zwo-Konkurrenz nicht mehr durch die Decke gehen aber deutlich größer werden, wenn mit Herzblut für die Sache gekämpft würde. Der Schwarze Peter liegt nun beim Kulturdezernenten. Er muss, will er diesen kostbaren Kulturort retten, dafür sorgen, dass hier ein anderer Wind weht. Denn auch ein jetzt angedachtes Kulturzentrum funktioniert nur, wenn es mit Feuereifer betrieben wird.
Mäßige Besucherresonanz, mangelndes Profil, hohe Mietkosten und dazu die teure Filmamt-Konstruktion: Das Saarbrücker Filmhaus gerät ins Visier der Lokalpolitik. Gestern stellte der Kulturdezernent seine Gedankenspiele vor.
Von SZ-Redakteur Christoph Schreiner, Saarbrücker Zeitung 16 Sep 2016
Saarbrücken. Schon vor der gestrigen Saarbrücker Kulturausschuss-Sitzung wusste Kulturdezernent Thomas Brück (Grüne), dass es für ihn, wie er vorab eingestand, diesmal „ziemlich stressig“werden würde. Hat Brück doch auch ein Jahr nach Amtsantritt immer noch kein dezidiertes Zukunftskonzept für das kommunale Kino „Filmhaus“vorgelegt. Dabei ist allen Stadtratsfraktionen und selbst Film-Enthusiasten klar, dass es nicht weitergehen kann wie bisher. Weder mit der deutschlandweit ziemlich einmaligen, kostspieligen Konstruktion eines eigenen „Amtes für kommunale Filmarbeit“noch damit, dass der erhebliche Besucherschwund des Hauses weiterhin nur hingenommen wird. Zuletzt kamen nicht einmal mehr 18 000 Besucher im Jahr, im Schnitt also weniger als 50 pro Tag. Und das bei täglich mindestens vier Filmen.
Als Michael Jurich im Februar 2010 Nachfolger des Filmhausund Ophüls-Festivalgründers Albrecht Stuby wurde, hatte der sich gerade zum Jahreswechsel mit einer Bilanz von 30 000 Besuchern in den Ruhestand verabschiedet. In Stubys gloriosesten Zeiten waren es mal 60 000 gewesen. Aus dem Schatten Stubys ist Jurich nie herausgetreten. Könnte sein, dass sein Vorgänger aus Denkmalpflege in eigener Sache genau das beabsichtigt hatte, als er damals von den elf eingeladenen Bewerbern Jurich empfahl. Wenn sich seinem Erben etwas nicht nachsagen lässt, dann ein kreatives Interesse an mehr Publikumsresonanz. Über die Jahre entstand der Eindruck, dass Jurich (durch und durch Cineast, fachlich beschlagen) zwar an ambitionierten Programmen bastelte, aber wenig Energie darauf verwendete, den zahlenmäßigen Niedergang des Hauses aufzuhalten. Umso mehr ist dies nun seinem Vorgesetzten Brück aufgetragen.
Und so hat dieser, bislang als städtischer Kulturverweser selbst reichlich blass geblieben, gestern nun immerhin mehrere Rettungsoptionen für das Filmhaus im Kulturausschuss vorgestellt. Drei Konsolidierungswege sieht er, denen eines gemeinsam ist: der rotstiftgetriebene Plan, das Amt für kommunale Filmarbeit (3,5 Planstellen) aufzulösen. Quer durch alle Stadtratsfraktionen dürfte dies mitgetragen werden. Schwieriger gestaltet sich die Frage, ob das Kino am angestammten Ort weitergeführt werden oder – Brücks favorisierte Lösung – in einer Rumpfversion Einzug halten soll in dem kommerziell betriebenen Saarbrücker Arthouse-Kino Camera Zwo, das schon in der Spätphase Stubys den Filmhausstern trübte und sinken ließ. Brück schwebt vor, dass Filmhausleiter Jurich dort künftig alternierend ein bis zwei Säle mit seinem klassischen kommunalen Kunstfilmprogramm bespielen könnte. Vorverhandelt ist das Ganze schon mit Camera ZwoChef Michael Krane, der eine feste Saalmiete bekäme. Allerdings hat die Sache einen dicken Haken, der Brücks mangelnde Professionalität offenbart: Bis heute ist ungeklärt, ob die Camera Zwo barrierefrei umzubauen ist. Das aber wäre unerlässlich. Steht doch bereits der jetzige Standort zurecht unter Thomas Brück Dauerbeschuss der Behindertenverbände, nachdem die klamme Stadt seit Jahren aus Kostengründen die Realisierung eines Außenaufzug am Filmhaus verschleppt.
Auch Brücks zweites Gedankenspiel ist unausgereift: Die Idee, seinen Kino-Problemfall mit dem hälftig von Land und Stadt budgetierten Kino Achteinhalb zu fusionieren, findet dort wenig Gegenliebe. Zu groß ist die Angst der Achteinhalb-Macher, ihr dank diverser Reihen und Kooperationspartner klar profiliertes Filmwohnzimmer-Juwel – faktisch längst ein zweites kommunales Kino – könnte im Falle einer Zusammenlegung (auch personell mit Jurich) seine Identität einbüßen. Zudem müsste eine beide Kinos umfassende neue Vereinsstruktur gefunden werden, in die auch Jurich neu einzubetten wäre. Fraglich ist, was eine Fusion von Achteinhalb und Filmhaus unter Erhalt beider Häuser überhaupt an Einspareffekten brächte. Scheint doch unstrittig, dass die Fraktionen an der (im Mai an eine Privatgesellschaft verkauften) Immobilie in der Mainzerstraße hängen und sie als Kulturort offenbar erhalten wollen. Bliebe folglich als drittes, gestern von Kulturdezernent Brück im Kulturausschuss vorgestelltes Szenario eine abgespeckte Business-asusual-Lösung: Jurich bespielt nur noch den großen Saal, während die übrigen beiden Mini-Abspielstätten (Schauplatz/Galerie) kulturell von privater Seite anderweitig genutzt werden könnten.
Über ein viertes, prinzipiell denkbares Szenario ist bislang offiziell nichts zu hören: Jurich im Zuge der absehbaren FilmamtAbwicklung womöglich in ein anderes Amt zu versetzen. Wollte man das Filmhaus zum Kulturzentrum ausbauen, wäre Jurich der falsche Mann. Klar ist: Kulturdezernent Brück muss nun liefern. Unausgegorene Optionen reichen nicht. Wie wär’s mit der Klärung der Grundfrage, was das Filmhaus überhaupt leisten soll?